Viele Vorstände erkennen die Bedeutung der Unternehmenskultur an, aber die Umsetzung bleibt ein dorniger Weg.
Das hat eine Umfrage der Steuer- und Buchhaltungsfirma Mazars, der INSEAD Business School in Paris und des Board Agenda Magazins ergeben. Wie auf Forbes zu lesen ist, kam die Studie zu dem Ergebnis, dass Kultur zu den obersten drei Prioritäten von Unternehmensleitungen gehört. Jedoch nur 20 Prozent von ihnen, wenden die dafür erforderliche Zeit auf. 63 % betrachten die Unternehmenskultur nicht als Teil ihrer formalen Risikobewertung. Das ist fatal. Das bedeutet im Klartext: Die Kultur wird als wichtig erachtet, aber nicht als Erfolgsfaktor angesehen.
Nur ein Viertel der Vorstände gab an, dass sie eine interne oder externe Prüfung ihrer Kultur vornehmen. Die verbleibenden drei Viertel stützen sich auf Quellen wie Mitarbeiterfeedback, Kundenbefragungen und Risikoereignisse wie Regelverletzungen, Personalprobleme und die Überwachung der Compliance. Doch das reicht nicht aus, um eine Kultur zu entwickeln, die als Grundlage für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung – vor allem einer digitalen „Denke“ und Neuausrichtung dient.
Acht Dimensionen
Capgemini Consulting hat im Rahmen der Studie „Culture First!“ acht Dimensionen (digitaler Kultur) definiert. Dabei handelt es sich um:
- Kundenorientierung
Der Kunde wird ins Zentrum von Denken und Handeln gestellt. Es herrscht ein enger Austausch sowie individuelle Interaktion und Kommunikation mit den Kunden. Lösungen, ob digital, analog oder hybrid, werden gemeinsam (weiter-)entwickelt und kontinuierlich an die Bedürfnisse des Kunden angepasst. - Digitale Technogien und digitalisierte Prozesse
Für die Weiterentwicklung der internen und externen Prozesse werden digitale Technologien sowie digitalisierte Prozesse nutzenorientiert und flächendeckend verwendet. Entscheidungen erfolgen weitestgehend datenbasiert. - Entrepreneurship
Das eigene Geschäftsmodell wird kontinuierlich analysiert und entsprechend sich verändernder Marktverhältnisse und neuer technologischer Trends angepasst. Auch wenn es Risiken birgt, wird danach gestrebt, eigenständig Veränderungen am Markt auszulösen. Hierzu gibt es das Naturgesetz der erforderlichen Vielfalt, das in der Natur – und auch im Markt, das Überleben sichert. - Agilität
Die Beschäftigten im Unternehmen denken und handeln dynamisch, nicht hektisch. Sie zeichnen sich durch eine schnelle Anpassungsfähigkeit auf sich verändernde Umweltbedingungen und Kundenbedürfnisse aus. Neue Impulse werden schnell aufgenommen, bewertet und umgesetzt. - Autonome Arbeitsbedingungen
Mitarbeiter haben Freiräume zum eigenverantwortlichen Arbeiten. Genutzt werden flexible Arbeitsmodelle, die es den Mitarbeitern zum Beispiel über digitale Tools ermöglichen, selbst über Arbeitszeiten sowie den Arbeitsort zu entscheiden. Dabei werden Selbstständigkeit, Eigeninitiative und Selbstführung der Mitarbeiter gefördert. - Digital Leadership
Auf der Entwicklung der Mitarbeiter liegt ein starker Fokus. Die Führungskräfte vermitteln ihnen eine klare digitale Vision sowie Strategie und haben eine ausgeprägte Mitarbeiterorientierung. Sie befähigen die Mitarbeiter und agieren als Coach, um ihnen in ihrer Entwicklung zu helfen. Das passt perfekt zu unserem 1A Relation-Mantra: „Mitarbeiterbindung ist Kundenbindung.“ - Kollaboration
Sie beinhaltet die Förderung des interdisziplinären, bereichsübergreifenden Austauschs unter Mitarbeitern, mit Kunden und Wettbewerbern sowie zu und mit anderen Unternehmen. Das Sammeln und vor allem auch das Teilen und Strukturieren von Wissen wird als essenziell angesehen. - Innovation und Lernen
Die Weiterentwicklung des Unternehmens und seiner Mitarbeiter wird als einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren betrachtet. Es herrscht ein kreativitätsförderndes Umfeld, das Experimentierfreudigkeit sowie Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen fördert. Bisherige Gewohnheiten und Prozesse werden kritisch hinterfragt. Fehlschläge sind Teil des Entwicklungsprozesses, Scheitern stellt einen wichtigen Lernprozess dar.
All dieser Dimensionen müssen sich Führungskräfte bewusst sein – vor allem der Wechselwirkungen. Keine der acht Dimensionen steht autark im Raum. Alle zusammen ergeben, inkl. der Strategie, eine besondere Kultur. Bei der Umsetzung geht es nicht um den Selbstzweck – sprich Abhaken – sondern um die Kundenorientierung, wie im Artikel „Erfolgreiche Digitalisierung braucht Kundenorientierung“ beschrieben ist.
Die Führungsetage kann versuchen die Kultur zu beeinflussen
Laut dem Forbes-Beitrag ist der langfristige Erfolg eines Unternehmens eine Kultur und damit eine Führungsaufgabe. Eine Kultur zu entwickeln oder zu verändern, ist eine Kommunikations- und damit eine Herkulesmission. Dazu braucht es Vorbildfunktion und Einigkeit im Führungsteam.
Oder Verhalten ändern und gut fühlen?
Jon Katzenbach, Gründer des Katzenbach Center, rät in einem Video dazu, nicht zuerst die Unternehmenskultur zu verändern. Stattdessen empfiehlt er, sich auf das Verändern des Verhaltens zu konzentrieren. Dieses wäre einfacher. Die Kultur tendiere dazu, Verhaltensänderungen zu folgen. Dies ist möglich, indem zunächst definiert wird, welche Verhaltensweisen das Unternehmen positiv beeinflussen. Zum Beispiel: Auf welche Weise erfolgt die Kommunikation mit Kunden? Dieses sollte mit der Unternehmensstrategie im Einklang stehen. Anschließend könne dieses Verhalten in Schritte übersetzt werden, welche die Mitarbeiter täglich praktizieren können. Bei der Verbreitung im Unternehmen helfen Mitarbeiter, die dafür ausgewählt werden.
Last, but not least ist wichtig, dass die Mitarbeiter sich dabei gut fühlen. Denn: „Wenn sich eine Organisation in ihrer besten Verfassung befindet, wird die Kultur die Mitarbeiter anspornen und Menschen dazu bringen, sich gut zu fühlen, bei dem, was sie tun, um die strategischen sowie operativen Prioritäten des Unternehmens voranzutreiben. Es ist wirklich ein emotionaler Energielieferant, den Sie nirgendwo anders finden können“, wie Jon Katzenbach erläutert.
Damit schließt sich der Kreis. Denn Unternehmen, die beim Kulturwandel bereits weiter vorangeschritten sind, haben zufriedenere Mitarbeiter und sind wirtschaftlich erfolgreicher, wie Capgemini Consulting in der Studie „Culture First!“ bewiesen hat. Also: Räumen Sie der Kultur wirklich Priorität ein – auch zeitlich! Und denken Sie daran: Das Gesetz der erforderlichen Vielfalt gilt auch für Unternehmenskulturen! Anderenfalls eats Culture Strategy for Breakfast, wie ein bekanntes Zitat besagt, welches Peter Drucker zugeschrieben wird.