Ryanair hebt auch mit angekündigtem Pilotenstreik ab – zumindest was die Hochnäsigkeit betrifft.
Trotz internationalem Personalstreik und 400 international abgesagter Flüge (Stand 09.08.2018), zeigt die Führungsspitze kein Einsehen und inszeniert sich als Opfer.
Es ist kein Warnstreik, sondern gleich ein „richtiger“ Arbeitskampf, zu dem laut Vereinigung Cockpit am Freitag „alle festangestellten Piloten, die an Ryanair-Stationen in Deutschland beschäftigt sind“, aufgerufen wurden, um für bessere Vergütungs- und Arbeitsbedingungen einzutreten. Zeitgleich sollen Ryanair-Piloten in Belgien, Irland und Schweden streiken.
Böse Urlaubsüberraschung
Ohne beurteilen zu wollen, ob die Arbeitsbedingungen der angestellten Piloten im Vergleich zu anderen Personalgruppen und Arbeitgebern anderer Branchen wirklich so schlecht sind, dass ausgerechnet sie streiken müssen, wird deutlich, dass der Streik besonders groß angelegt ist. Außerdem fällt er in die Urlaubszeit, in der besonders viele Schnäppchenjäger den, von ihrem wahrscheinlich kargen Einkommen lange zusammengesparten, Flug in die Ferien antreten oder damit nach Hause wollen. Schlechte Presse und Verärgerung der Kunden sind die Folge. Dies zeigt einmal mehr: Unzufriedene Mitarbeiter sorgen für unzufriedene Kunden. Beziehungsweise gilt dies auch umgekehrt: Mitarbeiterbindung bedeutet Kundenbindung.
Respektlosigkeit statt Wertschätzung
Während zufriedene Mitarbeiter, die sich wertgeschätzt fühlen, auch die Extra-Meile für zufriedene Kunden gehen, hat es Ryanair ganz offensichtlich übertrieben – nicht nur, was die Entlohnung betrifft. Chef Michael O’Leary ist für ausufernde Äußerungen bekannt. Laut Wirtschaftswoche verkündete er zum Beispiel: „Heute müssen Unternehmens-Chefs sagen, unsere Beschäftigten sind unser wichtigstes Asset. Was ein Schwachsinn. Die Beschäftigten sind unser größter Kostenblock und viele sind so faul, dass wir sie ständig in den Hintern treten müssen. Das denkt eigentlich jeder Chef, aber keiner will es zugeben.“ Dabei ist ihm sein provokantes Verhalten bewusst. Das zeigt unter anderem die Stellenanzeige für seinen persönlichen Assistenten. Unter dem Titel „Schlimmster Job in Irland?“ suchte er Bewerber mit dickem Fell, engelsgleicher Geduld, einer großen Sammlung eigener Gute-Nacht-Geschichten und der Fähigkeit, ohne Schlaf und Kontakt zur normalen Welt auszukommen, wie auf Impulse nachzulesen ist.
Wenn das Maß voll ist
Doch was als kreativ und unkonventionell für Schlagzeilen und durchaus positive Aufmerksamkeit sorgte, funktioniert so nicht – vor allem nicht auf Dauer –, wenn dabei die Persönlichkeit der Mitarbeiter angegriffen wird. Oder mit anderen Worten: Laut nach draußen schreien, aber nach innen treten, ist keine gute Strategie. Das zeigt sich daran, dass es bei Ryanair vor allem eine „Flucht aus dem Cockpit“ gibt, wie Zeit Online titelt, sprich: dass massenweise Piloten von Bord gehen und in der Folge Flüge gestrichen werden müssen.
Fazit
Damit Ryanair mehr Mitarbeiter halten kann, sollte O’Leary als erstes persönlichen Respekt ihnen gegenüber zeigen und dann die Arbeitsbedingungen dem anpassen, was das Zahlen höherer Löhne bzw. Gehälter beinhalten kann. Doch dann klappt möglicherweise sein Billig-Preismodell zusammen wie ein Kartenhaus. Denn im Segment der Schnäppchenjäger-Zielgruppe funktioniert Wachstum ohne Kundenbegeisterung unter der Voraussetzung, dass die Flugtickets besonders günstig sind, wie ONEtoONE unter Berufung auf die Studie „Pricing Lab 2017“ von Marktforscher Rogator berichtete. Das bedeutet aber auch: Sobald der Preis nicht mehr stimmt, sind diese Menschen weg. Sie sind nicht im Urlaub, sondern auf der Suche nach dem nächsten Schnäppchen.
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